von
Harald Posch
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Groß - Schwer - Schwarz Das Steyr-Waffenrad feiert im August seinen 111. Geburtstag. Der Klassiker aus Österreich wird zwar heutzutage leider nicht mehr gebaut, trotzdem erfreut er sich nach wie vor großer Beliebtheit und ist von den heimischen Radwegen nicht mehr wegzudenken. Königin des Radwegs "Es scheppert so schön, dass man nie klingeln muss. Alle Leute springen sofort auf die Seite." Das antwortet der Heinz, wenn man ihn fragt, was ihm an seinem Fahrrad am besten gefällt. Das Vehikel, von dem er spricht, ist groß, schwer und schwarz. "Ein Waffenradl". Fast jeder kennt diese Ungetüme, die mittlerweile schon über hundert Jahre auf Österreichs Straßen und Radwegen unterwegs sind. Es gibt vermutlich nicht viele praktische Gründe, warum man einem solchen Fahrrad vor einem neueren, leichteren und schnellerem Drahtesel den Vorzug gibt. Anita, Besitzerin eines wunderschön in rosa-lila lackierten Waffenrades (Foto) führt ihren Grund an: "Ich fühl' mich immer wie eine Königin, wenn ich damit durch die Stadt fahr', weil das Rad so hoch ist und man sitzt irgendwie so gerade oben, nicht so wie bei den modernen Radln, da hängt man ja eher drauf." Präsentiert das Gewehr! Warum heißt denn das Waffenrad eigentlich Waffenrad? Eleonore Ondrak, die gemeinsam mit Manfred Dittler eine Fahrradwerkstätte für alte Fahrräder betreibt, hat die Antwort: "Die Firma Steyr hat, bevor sie irgendwelche Fahrzeuge hergestellt hat, Waffen produziert. Ende des 19. Jahrhunderts stieg sie in den neuen Geschäftszweig des Fahrradbaues ein und nannten die Räder, nachdem der Betrieb eigentlich vorher nur Waffen hergestellt hatte, eben Waffenräder. "Was ein echtes Steyr-Waffenrad ausmacht," so erklärt Ondrak weiters, "ist aber nur der charakteristische Schriftzug am Rahmen." Darüber hinaus gibt es natürlich eine Vielzahl von alten großen schwarzen Fahrrädern, gebaut von Herstellern mit klingenden Namen wie Torpedo, Flott, Panther oder Rakete, die Ondrak und Dittler in ihrer Werkstätte im 12. Wiener Gemeindebezirk ausstellen und auch verkaufen. Es erübrigt sich zu sagen, dass die meisten Hersteller dieser edlen Apparate schon längst nicht mehr existieren. Jugendstil-Luxusräder Doch zurück zum Steyr-Waffenrad, um das es hier doch eigentlich geht. Erstmals registriert wurde die Marke "Waffenrad" im August 1896. Das Rad fand Einsatz bei diversen Straßenrennen und war zu dieser Zeit (bis zum Beginn des ersten Weltkrieges) ein Luxusobjekt. Der Preis für ein billiges Modell entsprach etwa dem halben Jahreseinkommen einer durchschnittlich verdienenden Arbeiterfamilie. Bei Sammlern sind besonders die in Österreich und Böhmen hergestellten Fahrräder ab 1905 beliebt unter anderem wegen der schönen Jugendstilornamente auf dem Kettenblättern. Der erste Weltkrieg machte Schluss mit diesem Luxus. Nach 1918 aber wurde das Fahrrad und damit auch das Waffenrad zu dem Verkehrsmittel schlechthin in Österreich. Das Massenprodukt Waffenrad war nun im Vergleich zu seinem Vorkriegs-Vorgängermodell sehr viel billiger, aber freilich auch qualitativ nicht mehr so hochwertig. Als Kettenblatt diente nunmehr die "Steyr-Zielscheibe" (siehe Foto) Ausverkauf "Steyr-Waffenräder wurden in Österreich bis ungefähr in die späten Siebziger Jahre gebaut, dann hat das Piaggio (Vespa) in Italien aufgekauft, hat bis zirka 1995 Waffenräder hergestellt unter dem Namen Waffenrad und dann ist das ganze an ein belgisches Konsortium verkauft worden." So schildert Manfred Dittler das Ende der Waffenrad-Produktion. Bei den Sammlern am beliebtesten sind die Räder aus den 10er-, 20er- und maximal 30er Jahren des 20. Jahrhunderts, "das ist eigentlich der Inbegriff des Waffenrades für Sammler." Das älteste Vehikel, das sich in den Räumlichkeiten von Ondrak und Dittler befindet, ist ein amerikanisches Mädchenrad aus dem Jahre 1895 mit Holzfelgen, ohne Bremsen und ohne Rücktritt - ein so genannter Ewigtreter (siehe Foto). Von den meisten Österreichern würde wohl auch diese Rarität, auf die die Besitzer sehr stolz sind, als "Waffenrad" bezeichnet werden. Es ist eben nun mal auch alt, schwer und schwarz. Nichtsdestotrotz: Sei es nun ein Damen- oder Herrenrad, ein schwarzes, bunt angemaltes oder rostfarbenes, ein neuwertiges, restauriertes oder eine rostige Klapperkiste, das Waffenrad und seine alten großen schweren Geschwister sind auch nach über hundert Jahren nach wie vor beliebte Sportgeräte. Die Häufigkeit, mit der man solche alten Drahtesel am Radweg oder an Fahrradständern angekettet zu sehen bekommt, ist angesichts der Tatsache, dass diese Räder heute nicht mehr gebaut werden sehr überraschend. Ein Hauptgrund dafür ist sicherlich die Langlebigkeit dieser Ungetüme aus Stahl. Und eben diese Langlebigkeit wird auch in Zukunft dafür sorgen, dass diese Fahrrad-Dinosaurier auf Österreichs Radwegen nicht so schnell aussterben werden. An Waffen- und anderen alten Rädern Interessierten sei unbedingt ein Besuch bei Eleonore Ondrak und Manfred Dittler ans Herz gelegt. Mit viel Liebe werden hier historische Fahrräder repariert, bzw. restauriert. Die Adresse der up & away-Fahrradwerkstatt ist auf der Website der beiden zu finden. Wer dort einmal vorbeigeschaut hat, wird vermutlich nie wieder rücksichtslos ein achtzig Jahre altes Fahrrad zum Sperrmüll werfen. Links Autor(en) |
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Harald
Posch [2] Der Supersportler aus dem Gosautal ist wieder da! Ehrgeiziger denn je geht er ans Werk. Mit dem Auge eines Rehs scheut er vor keinem noch so heiklem Thema zurück. Wird er es diesmal an die Spitze schaffen? Ich bin davon überzeugt! |
Wir
bedanken uns recht herzlich
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Artikel im Original von Harald Posch auf fm5 | |
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